Welche Bedeutung hat die "Sprachengabe"?
„Jesus versteht unter Beten keine unverständlichen Laute, sondern ein bewusstes Sprechen mit Gott.“
Wer heute einen charismatischen Christen in „Sprachen" oder „Zungen" reden und beten hört, wird sicherlich nichts davon verstehen. Manche Charismatiker erklären, dieses Beten käme aus der rechten Hirnhälfte. Diese würde kein Sprachzentrum besitzen und könne sich deshalb nicht in verständlichen Worten äußern. Durch die Einbeziehung der rechten Hirnhälfte sei das Sprachengebet also ein „ganzheitliches Beten", das jeder erlernen könne.
Mit „Zungerede" oder „Sprachengebet" sind in der Bibel jedoch keine unverständlichen Laute gemeint, die aus dem Unterbewusstsein kommen. Jesus versteht unter Beten kein sinnloses „Plappern", sondern ein bewusstes Sprechen mit Gott (Matthäus 6,5-13).
Die biblische Zungenrede (griechisch glossa, bedeutet eigentlich „Sprache") kann außerdem nicht eingeübt werden. Sie wird uns vom Heiligen Geist geschenkt. Laut Paulus erhält sie nicht jeder Christ (1. Korinther 12,7-11.28-30). Nach Apostelgeschichte 2,5-11 ist sie die Gabe, in Fremdsprachen zu sprechen. Das Neue Testament gibt uns keine andere Definition. Es unterscheidet die Sprachengabe nicht in Fremdsprache und unverständliches Reden.
Die sogenannte „Glossolalie", die wir heute in vielen christlichen Kreisen beobachten können, ist kein verständliches Sprechen. Deshalb kann sie auch von niemandem wirklich übersetzt werden. Das aber verlangte Paulus von den Korinthern, ansonsten sollten sie schweigen (1. Korinther 14,5.10-13). Offensichtlich missbrauchten sie die Gabe, in verschiedenen Fremdsprachen sprechen zu können, um sich im Gottesdienst selbst zu profilieren. Außerdem können wir heutige Phänomene nicht unbesehen auf die Bibel übertragen. Schließlich besitzen wir keine Tonbandaufzeichnung von damals. Was wir heute hören, muss also nicht das sein, was die ersten Christen sprachen.
Die Geistesgaben sind laut Paulus für den Aufbau der Gemeinde gedacht (1. Korinther 12,7; 14,26). Hier helfen unverständliche und nicht zu übersetzende Äußerungen wenig. Die Gabe, Fremdsprachen zu sprechen, würde uns dagegen helfen, unseren ausländischen Nachbarn Christus zu verkündigen.
Erfahrungen zeigen jedoch: Die echte Sprachengabe gibt es heute noch. Missionare haben erlebt, dass sie plötzlich von ihnen unbekannten Volksstämmen verstanden wurden oder dass sie ihrerseits diese Menschen verstehen konnten, obwohl niemand die Sprache des anderen gelernt hatte.
Die ersten Christen sollten der ganzen Welt von Jesus erzählen. Damals war es jedoch nicht so einfach wie heute, schnell eine Fremdsprache zu erlernen. Deshalb hat Gott seiner Gemeinde die Gabe geschenkt, in anderen Sprachen sprechen zu können. Tatsächlich entstanden schon bald nicht nur im römischen Reich christliche Gemeinden, sondern auch in Irland, Schottland, am Schwarzen Meer, in Indien und in Afrika. Spuren des Christentums aus dieser Zeit finden sich sogar in China und Japan.
Heute dagegen stehen uns viele Möglichkeiten zur Verfügung, eine Sprache zu erlernen. Natürlich stellt sich hier die Frage, wann deutsche Christen anfangen, beispielsweise Türkisch zu lernen oder um die Gabe dieser Sprache zu bitten, damit sie auch muslimische Gläubige mit Christus bekannt machen können?