Was geschieht während des Millenniums?
„Während des Millenniums ist auf der Erde kein Weltfriedensreich, sondern ein Weltfriedhof.“
Viele Christen sind der Meinung, nach der Wiederkunft Jesu würde eine 1000 Jahre lange Friedenszeit (Millennium) anbrechen, weil Satan gebunden sei und die Menschen nicht mehr verführen könne. Diese Theorie wird je nach Konfession variiert (z. B.: nur Zeugen Jehovas bevölkern die Erde; die Juden bekehren sich und missionieren die Welt, während die Christen schon im Himmel sind; die katholische Kirche errichtet unter der Führung des Bischofs von Rom ein Weltfriedensreich). Bei allen diesen oder ähnlichen Auslegungen muss viel spekuliert werden, weil die „1000 Jahre" nur in Offenbarung 20 erwähnt werden und dort nichts von einem Weltfriedensreich oder von paradiesischen Zuständen gesagt wird.
Johannes stellt in Offenbarung 20,1.2 einfach nur fest: Satan ist 1000 Jahre gebunden. Welche Bedeutung das für die Menschen und die Erde hat, wird nur durch den Textzusammenhang deutlich: Bevor das Millennium anbricht, wird zuerst Jesus wiederkommen und seine Nachfolger von den Toten auferwecken.
Betrachten wir einige Aussagen des Neuen Testamentes dazu:
1. Thessalonicher 4,15-17 – Wenn Christus wiederkommt, stehen zuerst die gestorbenen Gläubigen auf. Danach werden die lebenden Gläubigen verwandelt und beide Gruppen zusammen Christus entgegen gerückt. Nach der Wiederkunft Jesu befinden sich also keine an Christus glaubenden Menschen mehr auf der Erde.
Lukas 17,26-30 – Alle Gottlosen werden bei der Wiederkunft Jesu sterben (siehe auch Offenbarung 14,14-20; 19,11-21; Zefanja 1,2.3).
Bei der Wiederkunft Jesu gibt es also nur zwei Gruppen: Die lebenden oder schon auferstandenen Gläubigen und die noch lebenden oder gestorbenen Ungläubigen. Von einer dritten Gruppe, die bei der Wiederkunft Jesu zwar noch nicht bekehrt ist, sich aber irgendwie neutral verhält und deshalb eine Sonderchance hat, ist nirgendwo in der Bibel die Rede.
Der Tod der Gottlosen wird auch im Zusammenhang mit Offenbarung 20 geschildert. Gerade der direkte Textzusammenhang ist hier besonders wichtig (Offenbarung 19,17-21 – es geht hier nicht um ein begrenztes Heer, sondern um alle Freien und Sklaven, Kleine und Große; Vers 15 – das Regieren mit eisernem Stabe steht parallel zu dem scharfen Schwert, mit dem er die Völker schlägt, vgl. Jesaja 11,4).
Überhaupt kennt die Offenbarung nur zwei Gruppen von Menschen, die kurz vor dem Kommen Jesu leben: „Einwohner" Jerusalems oder Babylons, Christen oder Antichristen, Versiegelte oder Malzeichen-Träger, Anbeter Gottes oder des Tieres, Nachfolger des Lammes oder des Drachen. Die in der Offenbarung geschilderten letzten Ereignisse werden also die Welt polarisieren.
Laut Offenbarung 20,4-6 werden die Gläubigen zum Beginn des Millenniums lebendig (dies steht parallel zu 1. Thessalonicher 4,15-17) und regieren mit Christus 1000 Jahre. Ihre Auferstehung wird als erste Auferstehung bezeichnet. Wer an ihr teilnimmt, ist selig (d. h. gerettet und damit glücklich) und heilig (d. h. er gehört Gott, um ihm zu dienen). Der zweite, der ewige Tod hat über ihn keine Macht.
Gibt es eine erste Auferstehung, muss es auch eine zweite geben. Weil alle Gläubigen schon bei der Wiederkunft Jesu in den Himmel aufgenommen wurden, kann es sich hierbei nur um die Gottlosen handeln. Ihre Auferstehung findet erst nach den 1000 Jahren statt (Offenbarung 20,5). Es ist die Auferstehung zum Gericht (vgl. Johannes 5,28.29), denn diese Menschen sind nicht „selig und heilig", sondern verfallen dem zweiten Tod (Vers 6).
Kommen wir nun zu einer Schlussfolgerung: Wenn alle Gläubigen bei der Wiederkunft Jesu in den Himmel aufgenommen werden (1. Thessalonicher 4,15-17), alle lebenden Gottlosen dann sterben (Lukas 17,26-30) und wenn die Gottlosen erst nach den 1000 Jahren auferstehen (Offenbarung 20,5), dann ist die Erde während des Millenniums entvölkert. Damit sind Satan – symbolisch gesprochen – die Hände gebunden. Er kann niemanden mehr verführen (Offenbarung 20,2-3). Außerdem ist die Erde durch die letzten Strafgerichte Gottes und die sieben Plagen (Offenbarung 16) schwer verwüstet worden.
Wenn aber nach den 1000 Jahren die gottlosen Toten auferstehen, ist Satan nicht länger zur Untätigkeit verurteilt. Die Gottlosen aller Zeiten (so viel wie der Sand am Meer – Offenbarung 20,7.8) werden von ihm verführt, das neue Jerusalem zu stürmen, das mit den Gläubigen und Christus vom Himmel auf die Erde herabgekommen ist (Offenbarung 21,2 – Hebräer erzählen nicht unbedingt alles chronologisch genau hintereinander, wie auch andere Bibelstellen zeigen. Johannes erzählt oft eine wichtige Sache zu Ende, um den roten Faden nicht zu verwirren, schiebt dann aber wichtige Details nach und erklärt sie näher. Dieser Stil ist typisch für die Bibel. Auch in den folgenden Versen von Offenbarung 20 wird dies deutlich: Vers 9 berichtet von der Vernichtung der Gottlosen, wenn sie Jerusalem zu stürmen versuchen. Vers 11-15 greift noch einmal zurück, um das letzte Gericht über die Gottlosen genauer zu schildern).
Der Textzusammenhang zeigt also, dass während des Millenniums kein Weltfriedensreich besteht, sondern ein „Weltfriedhof". Während dieser Zeit kann Satan Tag für Tag sehen, wohin seine Rebellion gegen Gott und seine eigene Herrschaft letztlich führen.
Diese Interpretation des Millenniums geht nicht von Spekulationen aus, bei der alttestamentliche Weissagungen mit Offenbarung 20 gemischt werden, die sich in Wirklichkeit auf eine glückliche Zeit für Israel beziehen, wenn sie Jesus als Messias angenommen hätten. Sie bezieht sich nur auf die Aussagen des Kapitels, den Textzusammenhang und den Aussagen des Neuen Testamentes über die Ereignisse bei der Wiederkunft Jesu.