Welche Bedeutung hat das israelitische Heiligtum?

„Wer sich beim Abendmahl daran erinnert, was Jesus für ihn getan hat, will nicht zurück unter die Herrschaft der Sünde.“

Jesus hat das Abendmahl während des Passahfestes eingesetzt. Dieses israelitische Fest sollte nicht nur an die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei erinnern. Es war auch ein Hinweis, dass Gott uns aus der Herrschaft Satans und der Sünde befreit, um uns in das „himmlische Kanaan" zu bringen. Im Zentrum des Festes stand das Opfer des Passah-Lammes, dessen Blut die Israeliten vor dem Gericht Gottes über die Ägypter schützte (2 Mo12; Passah bedeutet Verschonung). Dieses Passah-Lamm stellte symbolisch Jesus Christus dar, dessen Opfer uns von unserer Schuld befreit.

Jesus hat das Passahfest in das Abendmahl oder Gedächtnismahl umgewandelt (Matthäus 26,17-30). Nachdem er am Kreuz für unsere Sünde gestorben ist, soll uns diese Feier an sein Opfer erinnern und uns bewegen, seinen stellvertretenden Tod für unsere Schuld auch zu verkündigen. Dabei ist das Brot ein Bild für seinen Körper und der Abendmahlswein ein Bild für sein Blut (1. Korinther 11,23-26).

Während des Passahfestes durften die Israeliten nichts Gegorenes oder Gesäuertes im Haus haben. Deshalb aßen sie nur Brot, das ohne Hefe oder Sauerteig gebacken wurde. Sauerteig war für die Israeliten ein Gleichnis für Sünde (vgl. 1. Korinther 5,6-8; schon ein wenig Böses verdirbt die ganze Welt). Das ungesäuerte Brot, das beim Abendmahl gegessen wird, erinnert uns also daran, dass Jesus sündlos war.

Christus hat oft Gleichnisse und Bilder benutzt, um Wahrheiten zu erklären (Matthäus 13,3; Johannes 16,25). Er selbst bezeichnete sich beispielsweise als Tür, Licht oder Weg. So sind auch Brot und Wein nur Symbole, die uns an Jesu Opfer für unsere Sünde erinnern. Weil diese Symbole später wörtlich genommen wurden, entstand in der katholischen Kirche die Lehre der Transsubstantiation (Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Jesu) und der unblutigen Wiederholung des Opfers Jesu.

Man begann also zu glauben: Jesus wird während der Messe oder Eucharistiefeier vom Priester aus dem Himmel geholt und erneut geopfert. Brot und Wein werden dabei tatsächlich zu Leib und Blut Jesu. Durch das Essen des Brotes (der Hostie, d. h. Opfer) nimmt der Gläubige Jesus in sich auf. Weil das verwandelte Brot im Tabernakel aufbewahrt wird, ist Jesus leibhaftig in der Kirche gegenwärtig und kann dort in Form der Hostie vom Gläubigen angebetet werden.

Dieser Gedanke der Verwandlung und der täglichen, unblutigen Wiederholung des Opfers Jesu ist der Bibel fremd. Jesus ist nur einmal für unsere Sünden geopfert worden (siehe Hebräer 6,6; 7,26.27; 9,22.28; 10,10.12.14.18; 1. Petrus 3,18). Deshalb ist kein weiteres Opfer nötig!*

Zum Abendmahl gehört die Fußwaschung (Johannes 13,1-17). Sie fand vor der Austeilung des Brotes statt und ist eine Erinnerung an unsere Taufe (Vers 10 wörtlich: „Wer ein Bad genommen hat"). Auch wenn wir durch das „Bad der Wiedergeburt" gerettet sind (Titus 3,5), benötigen wir doch immer wieder Vergebung und Reinigung, weil wir uns schuldig gemacht haben. Daran soll uns die Fußwaschung erinnern. Sie ist außerdem ein Zeichen der Liebe, des Dienen und der Demut Gott und Mitmenschen gegenüber. Jesus hat uns mit der Fußwaschung ein Beispiel gegeben und uns gebeten, ihm darin zu folgen (Johannes 13,15.16). Trotzdem ist sie bei den meisten Konfessionen in Vergessenheit geraten.

* Anmerkung zur unblutigen Wiederholung des Opfers Jesu: Ab Mitte des 3. Jahrhundert entwickelte sich in der Kirche die Vorstellung von der unblutigen Wiederholung des Kreuzesopfer Jesu. Seit dem Mittelalter war schließlich bei jeder Messe von einer unblutigen Wiederholung des Kreuzesopfer die Rede. Auf dem Konzil zu Trient wurde festgelegt, dass in der Messe Gott ein wirkliches Opfer dargebracht werde. Es sei nicht nur ein Gedächtnis des Kreuzopfers. In diesem Opfer werde Christus unblutig geopfert. Bis zum Vaticanum II. (1962–1965) war es deshalb üblich, in Bezug auf die Messe von einer unblutigen Wiederholung des Opfers Jesu zu sprechen. Doch verschiedene katholische Theologen begannen, eine neue Sicht zu verbreiten. „Die Ansicht, in der Messe vollziehe sich eine ‚unblutige Wiederholung des Kreuzesopfers Jesu‘, sei nur eine Katechismusweisheit, aber keine Glaubenswahrheit und deshalb nicht verbindlich." (Heinz Schuster und Karl-Heinz Ohlig im SPIEGEL 24/1971). Seit der Lima Erklärung des Ökumenischen Rates von 1982 interpretiert kein katholischer Theologe mehr die Gegenwart des Opfers von Golgatha als unblutige Wiederholung dieses Opfers. Auch Johannes Paul II. erklärte in seiner Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, dass die Eucharistie keine Wiederholung des Opfers Jesu Christi sein kann, welches von ihm ein für allemal dargebracht worden ist. Was sich wiederholt, sei einzig die gedenkende Feier. Doch wäre es tatsächlich nur eine „gedenkende Darstellung", wäre ein Weihepriestertum überflüssig, und man könnte außerdem das Abendmahl zusammen mit anderen Christen feiern. Es muss außerdem gefragt werden, ob heutige Erklärungsversuche der Messe und die Enzyklika des Papstes oder die Transsubstantiationslehre als offizielle Lehre der Kirche gelten.