Warum hat Gott Satan nicht nach der Kreuzigung Jesu vernichtet?

„Am Kreuz von Golgatha hat Gott gezeigt, dass er gerecht handeln und gleichzeitig gnädig sein kann.“

Die Frage, warum Gott Satan nach der Kreuzigung seines Sohnes nicht sofort vernichtet hat, obwohl dieser nun seinen wahren Charakter gezeigt hatte, wird in der Bibel nicht eindeutig beantwortet. Die folgenden Gedanken sind eine mögliche Erklärung:

Bis zur Kreuzigung Jesu hatte Satan behauptet, dass Gerechtigkeit und Gnade unvereinbar seien. Wer gesündigt hat, muss sterben (Sünde ist die Trennung von Gott, der allein das Leben gibt). Gott kann dem Sünder nicht gnädig sein und vergeben. Das wäre ungerecht. Wenn Gott aber den Sünder gerechterweise mit dem Tod bestraft, kann er nicht Liebe sein. Wer liebt, lässt den anderen nicht sterben, egal, was er getan hat. – Durch diese Gedanken hatte Satan Gott bei einem Drittel der Engel (Offenbarung 12,3.4) in Misskredit gebracht und er glaubte, Gott stecke nun in einer Zwickmühle. Wie Gott sich auch verhalten würde, es würde immer falsch sein.

Am Kreuz von Golgatha hat Gott gezeigt, dass Satan Unrecht hat. Jesus, der Schöpfer, übernahm selbst Verantwortung für seine Geschöpfe und starb für ihre Sünde. Damit konnte er die Menschen freisprechen, denn ihre Schuld war beglichen. – Diese Lösung zeigt, dass Gott gerecht handeln und gleichzeitig gnädig sein kann. Und sie zeigt die Liebe Gottes, denn wer die Todesstrafe freiwillig für einen anderen auf sich nimmt – der vielleicht sogar noch sein Feind ist (1. Johannes 4,10; Römer 5,10) – muss ihn tatsächlich lieben.

Das verstanden auch die Engel, aber Satan meinte immer noch eine „Trumpfkarte im Ärmel" zu haben und deshalb hat Gott noch keinen Schlussstrich unter die Weltgeschichte gezogen. Der Widersacher Gottes erklärte nun, dass die Gnade Gottes seine Gerechtigkeit aufgehoben habe und deshalb niemand mehr den Willen Gottes befolgen müsse. Alle Sünden aller Menschen seien ja durch Jesu Opfer vergeben. Deshalb bräuchte niemand dem Gesetz Gottes zu gehorchen. – Damit wollte sich Satan vielleicht eine Hintertür öffnen, denn Christus müsste dann auch ihn und die gefallenen Engel begnadigen, weil ihre Sünde nicht schwerwiegender sei als die der Menschen. Würde Gott ihnen seine Gnade verweigern, wäre er wieder ungerecht.

Wenn die Gnade aber das Gesetz Gottes aufhebt, dann gibt es doch einen Weg, das Gesetz Gottes abzuschaffen. Der Wille Gottes kann also nicht absolut sein. Wenn er aber nicht absolut gültig ist, dann hätte Christus eigentlich nicht zu sterben brauchen. Auch ohne das Opfer Jesu könnten die Menschen also wieder zu Gott zurückkommen.

Wir treffen hier auf eine Argumentation, die sich auch in den Meinungen von Menschen widerspiegelt. So stellen manche seine Gerechtigkeit und Liebe in Frage und sehen keinen Sinn im Opfer Jesu. Oder Christen verschiedener Konfessionen betrachten die Zehn Gebote nicht mehr als absolut gültig. Deshalb könne man sie verändern. Andere behaupten, die Gebote seien durch Jesu Opfer aufgehoben und für Christen nicht länger verbindlich. Und auch die Meinung, man könne ohne Jesus zu Gott zurückkommen, wird nicht nur von anderen Religionen vertreten, sondern inzwischen auch von Christen.

So muss Gott noch einmal zeigen, wohin die Ideen Satans letztlich führen. Der Wunsch, Gott gleich zu sein, und die Kritik an seiner Gerechtigkeit und Liebe führten bisher zu Leid, Gewalt und Tod – auch zum Tod seines Sohnes. Und in der Zukunft werden diese Ideen die Menschheit zu einem Punkt führen, wo ihr Überleben in Frage gestellt wird. Erst an diesem Punkt, wenn es keine Hoffnung und keine Auswege aus dem menschlichen Dilemma mehr gibt, wenn jedem klar ist, dass alle Lösungsversuche der Politiker, Wissenschaftler, Theologen und Philosophen gescheitert sind, erst dann wird Gott den Schlussstrich ziehen und Satan endgültig zur Rechenschaft ziehen.

Auch dabei zeigt Gott noch Geduld, denn der Widersacher darf 1000 Jahre lang auf der durch ihn verwüsteten Erde über seine Ideen und ihre Folgen nachdenken. Doch er wird nichts daraus lernen, weil er die Völker anschließend noch einmal gegen Gott aufwiegelt, anstatt seine Schuld öffentlich einzugestehen (Offenbarung 20,7-10). Deshalb wird bei seiner Vernichtung niemand mehr Widerspruch einlegen und Gottes Gerechtigkeit und Liebe in Frage stellen.