Muss ich Gott immer wieder meine Anliegen vortragen?

„Intensives und ausdauerndes Beten zeigt Gott, wie ernst wir es meinen.“

Zur Zeit Jesu vertraten einige Rabbiner die Meinung, es reiche aus, wenn man zwei Mal täglich bete. Wer aber öfter als drei Mal täglich bete, würde Gott sogar belästigen. Dem widersprach Jesus. Er zeigte seinen Zuhörern, wie wichtig es ist, Gott so lange zu bitten, bis er antwortet. Deshalb erzählte er folgendes Gleichnis:

Ein Richter, der Gott nicht fürchtete, weigerte sich, einer Witwe Recht zu verschaffen. Doch diese gab nicht auf und bedrängte ihn so lange, bis er schließlich nachgab, weil die Frau ihm lästig wurde. – Danach zog Jesus die Schlussfolgerung: Wenn schon ein solcher Mensch sich durch ständige Bitten umstimmen lässt, wie viel mehr wird Gott seine Kinder erhören, wenn sie Tag und Nacht zu ihm beten?! (Lukas 18,1-8)

Gott ist also nicht „sauer und genervt", wenn wir ihm immer wieder unsere Bitten vortragen. Es zeigt ihm vielmehr, wie ernst wir es wirklich meinen. Dieses intensive und ausdauernde Beten um konkrete Anliegen ist also etwas anderes als ein Herunterleiern von Gebeten, das Jesus in der Bergpredigt verurteilt. Manche Menschen meinen tatsächlich, Gott würde sie erhören, wenn sie viele Worte machen. Sie benutzen dabei einen fest vorgeschriebenen Text und Formulierungen, die sie ständig wiederholen. Auch das stellt Jesus in Frage: Gott lässt sich nicht durch einen bestimmten Wortlaut oder durch Wiederholungen stärker beeinflussen, als durch einfache Bitten. Er weiß ja, was wir brauchen. (Matthäus 6, 7.8)

Liegt uns also etwas wirklich am Herzen, dürfen wir es Gott jederzeit vortragen – nicht mir auswendig gelernten Wiederholungen, sondern in einem persönlichem Gespräch. Das meint auch Paulus, wenn er schreibt: „Betet ohne Unterlass." (1. Thessalonicher 5,17)

Und wenn Gott uns nicht erhört, obwohl wir schon Wochen, Monate oder Jahre um etwas bitten? Manche Christen meinen, Gott erhöre jedes Gebet – manchmal aber nicht so, wie wir es uns vorstellen. Tatsächlich gibt es aber auch Bitten, auf die Gott keine Antwort gibt. Wenn wir voller Unglaube oder Vermessenheit, im Widerspruch zu seinem Willen, ohne Vergebungsbereitschaft oder in böser Absicht beten, dürfen wir nicht erwarten, dass Gott uns erhört.

Nicht immer antwortet er auf unsere Gebete mit einem „Ja" oder „Nein", sondern oft auch mit einem „Warte ab", um beispielsweise unseren Glauben zu prüfen. Das hat schon den Psalmschreiber Asaf zu der Frage bewegt: „Herr, wie lange ...?" (Psalm 80,5) Gott ist eben kein Automat, der unsere Bitten immer mit einer sofortigen Erhörung beantwortet. Manchmal folgt seine Antwort tatsächlich so schnell, dass wir es kaum glauben können. Manchmal aber werden unsere Geduld und unser Glaube auf eine lange Probe gestellt.

Eine Frau betete beinahe 50 Jahre um die Bekehrung ihres Sohnes, der sich in seiner Jugendzeit von Gott abgewandt hatte. Häufig stellte sie sich dabei die Frage, warum ihre Bitten in all den Jahren nichts bewirkten. Ihr Sohn blieb abweisend. Doch dann – man kann fast sagen – von einem Tag auf den anderen änderte sich seine Haltung, und er wurde ein tiefgläubiger Christ. Es lohnt sich also, Gott so lange zu bitten, bis er antwortet, wie Jesus es sagte.