Warum bestraft Gott Menschen, wenn er doch alles verzeiht?

„Christus hat nicht nur unsere Sünde auf sich genommen, sondern auch die Strafe dafür.“

Die Ansicht, dass Gott zwar alles verzeiht, den Menschen aber dennoch bestraft, findet sich nicht in der Bibel. In der urchristlichen Gemeinde glaubte man noch, dass Gott die Sünde vergibt (1. Johannes 1,9), weil Christus die Strafe dafür getragen hat. Deshalb braucht sich der Gläubige nicht vor einer Bestrafung zu fürchten (1. Johannes 4,18; Jesaja 53,5).

Dies erschien späteren Theologen zu einfach. So entwickelten sie folgende Idee: Gott vergibt zwar die Schuld und spricht den Menschen auf Grund seines Glaubens an Christi Opfer gerecht, aber der Sünder muss dennoch „büßen" (durch rituelle Gebete, Opfer, Wallfahrten oder andere religiöse Leistungen).

Im 4. Jh. entwickelte Augustinus daraus die Lehre vom Fegefeuer: Nach seinem Tod wird der Gläubige im Feuer für seine Sünden bestraft, obwohl sie vergeben worden sind. Seit dem 6. Jh. lehrt die Kirche: Durch Messen – die Angehörige für die Toten bezahlen und Priester zelebrieren – kann die Zeit der Strafe verkürzt werden und der Gläubige früher in den Himmel gelangen (damit konnten natürlich die Reichen ihre Leidenszeit im Fegefeuer eher verkürzen). In die Hölle dagegen kommen alle, die keine Vergebung erhalten haben. Dort müssen sie ewig leiden.

Wie die oben erwähnten Bibeltexte jedoch zeigen, hat Christus auch die Strafe für unsere Sünden auf sich genommen. Wir brauchen deshalb nicht mehr für unsere Schuld zu leiden, wenn Gott uns vergeben hat. Und laut Jesaja 1,18 und Sprüche 28,13 verzeiht Gott alles – wenn wir darum bitten! Ist es dem Menschen jedoch völlig egal, was Gott zu seinem Verhalten sagt, lügt und betrügt er ungeniert weiter, tötet und quält er ohne Gewissensbisse, ist er voller Hass und Neid und pfeift er auf das Gute, wird Gott ihn zur Rechenschaft ziehen (Römer 2,4-8). Gott ist schließlich gerecht und wird deshalb Gerechtigkeit schaffen. Und das möchten wir selbst auch – besonders dann, wenn uns das Unrecht anderer persönlich trifft.

Gott vergibt uns unsere Schuld also nur, wenn wir unser Verhalten, aber auch unsere bösen Gedanken und Gefühle ehrlich bereuen, wenn wir traurig über das sind, was wir angerichtet haben (2. Korinther 7,10). Viele sind jedoch nur über die Folgen ihres Verhaltens traurig, bereuen es aber selbst nicht und ändern es auch nicht. Sie haben keine echten Gewissensbisse und würden das Böse wieder tun. Man kann das daran erkennen, wenn sie sich rechtfertigen, sich rauszureden versuchen, anderen den Schwarzen Peter zuspielen oder mit Lügen die Angelegenheit vertuschen möchten – ein deutliches Zeichen dafür, dass sie eigentlich nicht wirklich bereuen.

Wenn wir aber unsere Schuld bereuen, sie vor Gott bekennen und ihn um Vergebung bitten, dann vergibt er uns. Das dürfen wir vertrauensvoll annehmen, weil Gott es versprochen hat. Das spüren wir auch, weil Christus uns dann von Schuldgefühlen befreit und unsere Gedanken- und Gefühlswelt wieder zurechtrückt. Durch diese Erfahrung der Liebe Jesu wissen wir, dass Gott uns nicht bestrafen und verurteilen wird (1. Johannes 4,16.17), sondern uns das ewige Leben geschenkt hat (1. Johannes 5,11-13).