Müssen auch Kinder getauft werden?

„Kinder gehören auch ohne Taufe zum Volk Gottes.“

Die Taufe von Kindern ist keine Gepflogenheit der urchristlichen Gemeinde. Eine entscheidende Voraussetzung für den Bundesschluss mit Gott ist das bewusste Ja des Menschen oder – wie die Bibel es sagt – sein Glaube. Deshalb lehnte der Kirchenvater Tertullian noch im späten 2. Jh. n. Chr. die Taufe von Kindern ab. Im 3. Jh. bürgerte sie sich jedoch in Nordafrika ein. Die theologische Grundlage dafür hatte der Kirchenlehrer Cyprian gelegt. Er behauptete, die neugeborenen Kinder brächten auf Grund ihrer Abstammung von Adam die „Ansteckung des Todes mit auf die Welt." Ohne Taufe könnten sie nicht in das Reich Gottes kommen und müssten den ewigen Tod erleiden. Cyprian scheint auch der erste Verteidiger der Besprengung von Täuflingen zu sein, weil das Untertauchen von Kindern und Kranken Probleme mit sich brachte.

Die Praxis der Säuglingsbesprengung breitete sich rasch aus und verdrängte schließlich im 6. Jh. n. Chr. auch in Italien die durch Untertauchen vollzogene Erwachsenentaufe, von der die alten Baptisterien (große Taufbecken) noch Zeugnis geben.

Cyprians Ansicht fand aber auch Gegner, weil die Entscheidung, ob ein Kind in das Reich Gottes aufgenommen wird oder den ewigen Tod erleiden muss, seiner Lehre nach in der Hand des Priesters ruhe. Verweigere er die Taufe, sei das Kind verloren. Diese Ansicht entspricht nicht der Bibel.

Jesus hat seinen Zuhörern versichert, dass Kinder das Reich Gottes besitzen (Matthäus 19,14). Gottes Wille sei es, dass keines von ihnen verloren ginge (Matthäus 18,14). Paulus führt diesen Gedanken fort, wenn er an die Korinther schreibt, Kinder würden durch ihre gläubigen Eltern geheiligt (1. Korinther 7,14), d. h. sie sind erlöst und gehören Gott. Hinter dieser Aussage steht der Gedanke, dass die christliche Gemeinde das geistliche Volk Israel ist.

Ein neugeborenes Kind gehörte bei den Israeliten von Anfang an zum Volk Gottes mit allen seinen Vorrechten. War es aber herangewachsen (Zeit der Pubertät), musste es sich persönlich entscheiden, ob es weiter zum Volk Israel gehören wollte. Danach durfte der junge Israelit an den Opferzeremonien im Tempel teilnehmen. In diesem Alter konnte er begreifen, dass ein unschuldiges Opfer für seine Schuld sterben muss, damit er leben kann.

Genauso ist auch ein Kind christlicher Eltern von Geburt an Mitglied im neutestamentlichen Volk Gottes. Später aber muss der Herangewachsene sich entscheiden, ob er weiterhin Christ sein will und diese Entscheidung durch die Taufe bekennen. Voraussetzung ist auch hier, dass er verstanden hat und daran glaubt, dass Jesus für seine Schuld gestorben ist. Auch hier gilt also, dass nicht die formelle Handlung erlöst, sondern der persönliche Glaube an die Gnade Gottes in Jesus Christus.