Hat der dreimalige Erdwurf bei Beerdigungen einen heidnischen Ursprung?

Viele Gebräuche christlicher Kirchen finden sich tatsächlich nicht in der Bibel, sondern wurden von nichtchristlichen Völkern übernommen und christlich umgedeutet. Der dreimaligen Erdwurf bei Begräbnissen hat dagegen wahrscheinlich einen biblischen Hintergrund. Germanen und Kelten haben nämlich ihre Toten meist in Steinhügelgräbern, Kammergräbern oder in Urnen bestattet. Römer, Griechen und Ägypter benutzten Grabkammern, Schachtgräber, Mausoleen und manchmal auch Urnen. Doch sind die Zeugnisse über die Gebräuche der vorchristlichen Zeit meist sehr spärlich. So ist es schon möglich, dass auch der dreimalige Erdwurf einen nicht-biblischen Hintergrund haben könnte.

Wahrscheinlicher ist aber, dass er auf den Taufbefehl Jesu zurückgeht. Auch er beinhaltet die Zahl drei: „Taufet sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Tatsächlich haben manche Täufer damals die Taufbewerber dreimal untergetaucht. Als die Kindertaufe aufkam, wurden die Täuflinge in manchen Gebieten dreimal mit Wasser übergossen oder besprengt. Es ist anzunehmen, dass diese Tradition auch auf die Beerdigungsfeier übertragen wurde.

Paulus vergleicht die Taufe sogar mit einer Beerdigung: Während seiner Taufe wird der Mensch im Wasser „begraben“ und ist deshalb symbolisch tot. Doch wie Jesus steht er aus dem „Wassergrab“ wieder auf, um nun ein neues Leben zu führen (Röm 6,3.4; Kol 2,12). Tatsächlich atmet der Getaufte unter der Wasseroberfläche nicht mehr. Atem aber ist ein Kennzeichen des Lebens (1 Mo 2,7; Ps 104,29.30). Deshalb wird der Mensch bei seiner Taufe mit Christus begraben und steht mit Christus wieder auf.

Weil nun die Taufe das Symbol einer Beerdigung ist, wurde wahrscheinlich die Taufhandlung auf das Begräbnis übertragen. Der Verstorbene wird nun nicht in ein Wassergrab gelegt, sondern in die Erde. Deshalb wird er auch mit Erde zugedeckt. Der dreimalige Erdwurf geht dabei auf das dreimalige Überschütten mit Wasser bei der Taufe zurück.

Die Beisetzungsformel vieler Pastoren – „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub ...“ – hat wahrscheinlich seinen Ursprung in Texten wie 1 Mo 3,19; 18,27. Weil diese Worte für Angehörige aber ein wenig kalt und endgültig klingen können, wäre es besser, am Grab die Worte des Apostels Paulus aus 1 Kor 15,42.43 vorzulesen: „Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Schwachheit und wird auferstehen in Kraft.“ Auch sie bilden eine Dreiergruppe (Vers 44 ist nur die Fortführung des theologischen Gedankens dieses Kapitels, weil Paulus hier wieder das Wort „Leib“ einfügt und damit die vorhergehenden Verse erklärt). Diese Worte trösten einen Angehörigen sicherlich mehr als ein nüchternes „Erde zu Erde, Asche zu Asche ...“

Was Paulus über die Taufe eines Christen sagt, gilt also auch für dessen Beerdigung: Er wird mit Christus auferstehen und ein neues Leben erhalten, wenn Jesus wiederkommt (1 Thess 4,13–18; Joh 6,40). Deshalb können Christen mit Trost und Hoffnung in die Zukunft schauen.